Oder: Warum der Stadtentwicklungssenat sich für Landwirtschaft interessieren sollte.
Freitag, 27.01. 16:00-18:00, Raum 001
Die katastrophale Lage auf dem Berliner Mietenmarkt ist nicht von der katastrophalen Lage in vielen anderen (nicht nur deutschen) Groß- und Universitätsstädten zu trennen. Sie ist ein gesellschaftliches Problem und deshalb nicht einmal im Ansatz mit den Mitteln der Mietenpolitik zu lösen. Auch ein Staatssekretär Andrej Holm hätte nur einem Teil der Betroffenen ein bisschen helfen können, er hätte also Linderung gebracht, aber keine Lösungen.
Die Geschichte des Kapitalismus ist die Geschichte der Konzentration der Produktivkräfte. Menschen werden direkt oder indirekt vertrieben und in Städten zusammengeballt. Diese Vertreibung findet auch aus Städten heraus statt (in andere Städte), ein großes, relativ wenig beleuchtetes Drama des 20. Jahrhunderts ist aber die Landflucht. Sie ist weiter im Gange und eine der Ursachen für den katastrophalen Mietenmarkt in Städten.
Wir können heute unabhängig von eher sozialistischen oder eher kapitalistischen Politiken nicht sinnvoll den Wohnungsmarkt regeln, ohne Stadt-Land-Beziehungen zu regeln bzw zu verbessern. Nebenbei: Die Landwirtschaft ist immer mehr am Arsch, in Händen immer weniger Konzerne konzentriert, und manche Fachleute warnen schon, der Planet habe nur noch 50 Ernten vor sich, weil die Böden durch die kapitalistische Ausbeutung so kaputt gemacht werden. In den letzten ca. 5 Jahren ist die Bewegung für Solidarische Landwirtschaft in Deutschland rasant angewachsen. Bei diesem Modell verbinden sich Menschen durch monatliche Zahlungen und gelegentliche Mithilfe mit einem Bauernhof, der ihnen wöchentlich das liefert, was er ihnen liefern kann. Das Ergebnis: Regionale, saisonale, gesunde Lebensmittel sowie Transparenz und Mitbestimmung für die Leute in der Stadt, ohne Vermarktungszwang und Land-Isoliertheit für die Leute auf dem Hof. Nötig dafür sind allerdings kollektive Räume in der Stadt, wo die Lieferungen hingehen können. Wir sollten von jeder Stadtregierung fordern, dass Wohngebäude, die von staatlichen Firmen errichtet oder verwaltet werden, solche kollektiven Räume enthalten müssen – nicht nur für Gemüselieferungen.
Noch besser: Wir fordern, Pilotprojekte einzurichten, bei denen es darum geht, die Nachbarschaft – also zum Beispiel einen Häuserblock – als neue soziale Grundeinheit zu betrachten, wo sich die Menschen viele Ressourcen teilen und wo sie Basisdemokratie leben können. Ein solches alternatives Modell des Zusammenlebens, aufbauend auf Nachbarschaften und Gemeingütern, hat der Publizist P.M. vor ein paar Jahren entworfen und bis hin zur globalen Ebene weitergesponnen. Bestandteil dessen ist, dass jeder Häuserblock mit einem Bauernhof verbunden ist, von dem er zwei Mal pro Woche beliefert wird.
Siehe:
http://www.edition-nautilus.de/programm/politik/buch-978-3-89401-767-5.html
https://neustartschweiz.ch/files/publikationen/Neustart-Schweiz-Commons.pdf
Bei der Veranstaltung sollen das Konzept Solidarische Landwirtschaft
und die Entwürfe von P.M. vorgestellt werden.